Tag 4 + 5

Der Start in den Tag 4 war wirklich angenehm. Frau Scherr hatte mich mit einem ausgiebigen Frühstück verwöhnt und meine Füße hatten mir die Sünden meiner ersten Etappe schon beinahe verziehen. Voller Freude über die schöne Aussicht von St. Pankranzen und die Tatsache, dass ich auf meinem Weg weitergehen würde, bemerkte ich nicht, dass ich vom gekennzeichneten Weg abgekommen war und plötzlich mitten im Hof eines Bauerns stand, der gerade den Stall ausmistete. Er erzählte mir, dass sich immer wieder mal Wanderer zu ihm verirrten, was ihn sehr freute, denn das wären die viel Sympathischeren, denn diese würden sich auf ihr Gefühl verlassen. Nach einem netten Gespräch, zeigte er mir den Weg durch seine Weide, was mich wieder zurück auf den Originalweg führte. Es stellte sich sogar heraus, dass ich diesmal eine Abkürzung genommen hatte - juhu!

Im Geistthal angekommen, traf ich vor der Kirche zwei sehr nette Frauen - Michi und Manu. Es stellte sich heraus, dass diese beiden sich noch als meine Fußretterinnen entpuppen würden, denn sie gaben mir den Tipp, meine Blasen mit Nadel und Faden zu versorgen. Da ich beides nicht dabei hatte (wurde bei einem der unzähligen Änderungen meiner Packliste aus dem Sortiment gestrichen), fuhr Michi zu sich nach Hause, um mir beides mit auf meinen Weg zu geben. An dieser Stelle nochmal vielen vielen Dank!!

Weiter ging es der Bergstraße entlang hinauf.  Vorbei bei einem Häuschen mit liebevoll gestaltetem Garten, rief mich ein Mann zu sich, der gerade davor auf einer Bank saß. Er und seine Frau bewirteten mich mit Saft und Schnaps und tollen Erzählungen von bisherigen Pilgerbegegnungen. Nach etwa einer Stunde ungeplanter Rast bei diesem netten Ehepaar, vom Schnaps und der unerwarteten Herzlichkeit, die mir entgegen gebracht wurde, beschwingt, setzte ich meinen Fußmarsch fort. Endlich kamen Forststraßen, Wald - und Wiesenwege, was mein Wandererherz gleich höher schlagen ließ. Vor allem da der Wegesrand voller reifer Schwarzbeeren war, die ich zwischendurch als kleine Wegzehrung naschte. Als ich aus dem Wald kam, bot sich mir ein faszinierender Anblick. Ich sah ins Tal auf Bärnbach und Köflach hinab, was gerade von einem Gewitter "verschluckt" wurde. Das einzig Beunruhigende daran war, diese dunklen Wolken kamen sehr bedrohlich schnell in meine Richtung. Ich beeilte mich, hinab ins Tal zu kommen, immer mit einem Auge den Himmel beobachtend. Als ich dachte, ich hätte es geschafft und die Wolken vor mir lichteten sich, fing es hinter mir zu Grummeln an. Es fing zu regnen an. Ich warf mir meinen Poncho über und kämpfte mich bei Wind und Starkregen den Berg hinauf zu einem Jakobikreuz. Von hier aus hatte ich wieder eine tolle Aussicht auf die Blitze am Himmel. Doch das Gewitter kam immer näher. Es begann zu hageln und ich fand gerade rechtzeitig eine Bushaltestelle, wo ich einen Unterschlupf fand. Nach 5 Minuten war das Gewitter wieder vorbei, doch ich nutzte die Pause gleich, um mich zu stärken. Die letzten Kilometer meiner Etappe von Bärnbach nach Piber fühlten sich sehr sehr lange an. Es begannen wieder meine Füße zu schmerzen, die Blasen auf meinen Zehen, meine Achillessehne, ... beim Piberwirt verbrachte ich die kommende Nacht, versorgt mit Pferdebalsam für meine Füße, was ich von der Wirtin dort geschenkt bekommen hatte.


ERKENNTNISSE des Tages:


Gewitter von der Ferne zu beobachten ist genial, davon gestreift zu werden, eher weniger. 

Ich bin verblüfft und erstaunt, wie nett die Menschen, denen ich begegne, sind und wie gerne sie geben. 

Jakobikreuz
Jakobikreuz

Tag 5 war angebrochen und ich hatte mittlerweile begonnen, eine tägliche Morgen- und Abendroutine zu entwickeln. Das Pflegen und Veratzten meiner Füße. Nach dem Frühstück durfte ich die Bekanntschaft von 4 super lieben Niederösterreichern machen, mit welchen sich ein schönes Gespräch ergab.


Da sich meine Salomon Ultra 3  Mid GTX als alles andere als wasserdicht erwiesen haben, band ich sie außen auf meinen Rucksack und beschloss in Wandersandalen zu gehen, was zur Verwunderung mancher beitrug. Die heutige Etappe bestand hauptsächlich aus Wald- und Wiesenwegen. Sonne und Regen haben mich abwechselnd bis zum Bäckenhuberbauer, dem Hof der Familie Hacker, begleitet. Der Hof wirkt sofort einladend, mit einem großen, liebevoll gestalteten Pilgerbrunnen, der Getränke und den Stempel für Pilger enthält. Familie Hacker hat mich herzlich empfangen und mich in ein wunderschönes Zimmer geführt. Ich fühlte mich sofort wohl. Da die heutige Etappe sehr kurz war, nutzte ich den Nachmittag, um mit Maria und Franz Hacker zu plaudern, zu schreiben und es mir einfach gut gehen zu lassen.


ERKENNTNIS des Tages:


Wandersandalen sind die besten Freunde von verwundeten Füßen. 

Regenponcho, Wanderstock und Sandalen
Regenponcho, Wanderstock und Sandalen