Tag 32 + 33

Tag 32 begann sehr gemütlich bei netten Gesprächen mit einem anderen Gast und dem Vater der Gastwirtin. Auf meinem Weg durch die Stadt stach mir ein kleiner Buchladen ins Auge. Ich hatte mir schon ein paar Mal gedacht, dass ein "echtes", herkömmlich gebundenes Buch praktisch wäre, um trotzdem lesen zu können, auch wenn ich Handyakku sparen sollte. Dort fand ich "Das kleine Buch der Dankbarkeit" von Dr. Robert A. Emmons. Irgendwie passt es zu dem Weg, den ich mache und machen möchte. Außerdem fiel mir noch ein passendes Mitbringsel für meine nächste Gastgeberin, eine Cousine meiner Mama, in die Hände. Beim Bezahlen kam ich mit der Verkäuferin ins Gespräch. Als ich erzählte, was ich mache, bekam sie Gänsehaut und war total berührt. Mit Tränen in den Augen wünschte sie mir von Herzen alles Gute. Der Moment war auch für mich sehr ergreifend. Wie schön ist es, andere Menschen dadurch zu inspirieren und zu bestärken ihre Träume zu verwirklichen, indem man seine eigenen erfüllt?

Die nächsten 26 Kilometer, von Mittersill über den Pass Thurn nach Aurach, konnte ich von dieser Situation zehren. In Aurach bei Kitzbühel empfing mich Familie Mayrhofer mit Kaffee und Kuchen herzlich. Im Jahr 2017 hatte ich 3 Monate bei ihnen gewohnt während meines Praktikums im RehaKitz. Es war wie heimkommen. So vertraut. Mit köstlichem Essen, ein oder zwei Gläschen Wein und Gin, anregenden Gesprächen und einem weichen Bett klang dieser Tag gemütlich aus.


ERKENNTNISSE des Tages:


Gänsehaut lügt nicht.

Oft sind es die kleinen Dinge, die einem die größte Freude bereiten. 

wie schnell 3 Jahre vergangen sind...
wie schnell 3 Jahre vergangen sind...

Wunderbar ausgeschlafen und erholt startete ich in Tag 33. Da der Wetterbericht für die nächsten Tage leider Starkregen und Unwetter prognostiziert hat und Helga und ihr Mann Peter mich eingeladen haben, länger bei ihnen zu bleiben, war es klar, dass ich den heutigen, wettermäßig stabilen Tag nochmal voll auszutzen musste. Peter, ein Vollblut-Bergfex, half mir bei der Auswahl meiner Tour und brachte mich zum Ausgangspunkt meiner Wanderung.

Die ersten Meter beziehungsweise der  Anstieg bis zum ersten Gipfel, dem großen Schützkogel auf 2067m, erwiesen sich als brutal anstrengend. Meine Beine waren schwer, ich war schweißgebadet und fand einfach keinen Rhythmus. Zu diesem Zeitpunkt bezweifelte ich stark, dass ich die 3 bzw. 4 von Peter vorgeschlagenen Gipfel schaffen würde. Dieser böse Alkohol gestern. Aber wie heißt es so schön: "Wonoch's an lust, do sulls an dann ned grausn!" - Danke Mama, eine Lektion für's Leben.

Aber irgendwie schaffte ich es dann doch ohne Sauerstoffzelt oben am Gipfel anzukommen. Von dort ging es runter und dann wieder rauf zum kleinen Schützkogel auf 2072m. Es schien als hätte ich meine Gin-Sünden von gestern ausgeschwitzt, denn plötzlich ging ich deutlich leichter. Bei Traumwanderwetter erreichte ich kurz später den Gamshag, wo ich auf 2178m mein mitgebrachtes Mittagessen verspeiste. Hier entschied ich auch, den nicht allzu weit entfernten Teufelssprung (2174m) "mitzunehmen". Am Rückweg von Gipfel Nummer 4 rief mich Helga an und meinte, wenn ich so zügig unterwegs wäre, könnte ich meine Runde noch ein wenig ausweiten. Damit hatte sie mir einen Floh ins Ohr gesetzt. Aber zuerst musste ich über den Gamshag zurück und dann hinunter zum Torsee, um von dort auf den Tristkogel aufzusteigen. Auf 2096m wurde ich mit einem wunderschönen Gipfelkreuz belohnt. Vom Tristkogel ging es über einen Grat (ein bisschen was zum Kraxeln) steil bergab. Der Himmel begann sich zu verändern und Regenwolken zogen auf, aber der Saalkogel (2006m) und der Rauber (1972m) waren schon in Sichtweite. Also nochmal hieß es Durchbeißen und "auzaaaan". Beim Eintrag ins Rauber-Gipfelbuch begann es zu tröpfeln. Ich nahm die Beine in die Hand und sah zu, dass ich bergab ein paar Meter gewann.

Auf dem Rückweg schaltete sich mein Handy aus und ließ sich nicht mehr einschalten, was insofern ungünstig war, als dass mich die Mayrhofers eigentlich abholen wollten und ich ihnen so nicht Bescheid geben konnte. Also ging ich. Als ich gerade durch das Nobelviertel von Aurach ging und zugegebenermaßen schon sehr müde war, blieb ein junger Mann mit seinem Auto stehen und fragte, wo ich hinwollte und ob er mich mitnehmen solle. Diesmal, weil es ja nicht direkt mein Jakobsweg war, nahm ich das Angebot dankend an. Fünf Minuten später bedankte ich mich und hüpfte, sofern man diese mühseligen Bewegungen noch so nennen kann, aus dem Auto und ging nach Hause. Der Abend endete wieder mit langen Gesprächen und gutem Essen.


ERKENNTNISSE des Tages:


Es gibt sowas wie einen Gipfelrausch - 7 auf einen Streich. 

7 Gipfelsteine im Rucksack sind ganz schön schwer. (Ach Thomas... das hättest du mir nicht zeigen sollen...) 

Gipfelrausch
Gipfelrausch