Tag 61 +62 (2Monate)

Nach dem Frühstück habe ich mich wiedermal in einem Gespräch beziehungsweise in einer Begegnung verzettelt. Doris, eine der Bewohnerinnen in der Wohngemeinschaft Ämisegg, wo ich die Nacht verbrachte, erzählte mir ganz aufgeregt von ihren Erlebnissen. Sie schenkte mir auch gleich ein selbstgemaltes Bild und eine selbstgemachte Karamell-Nascherei. So lieb! Weil es wieder recht spät geworden war und ich mich einfach so wohl fühlte, entschied ich mich dazu, noch eine Nacht zu bleiben.

Schon merkwürdig, diese Entscheidung fiel mir wirklich schwer. Ich hatte fast ein schlechtes Gewissen, zumindest so eine innere Stimme, die mich zum Weitergehen drängen wollte, denn ich würde ja Zeit verlieren und die Kosten in der Schweiz und und und.

Es sollte sich herausstellen, dass es die beste Entscheidung war zu bleiben. Ich verbrachte den Tag damit, einen Pilgerratgeber "Meine Sehnsucht bekommt Füße" zu lesen, der mir sehr viele Denkanstöße gab, mit den Bewohnern gemeinsam zu malen und Karten zu spielen. Es war ein so erholsamer, schöner, gemütlicher Tag!


ERKENNTNISSE des Tages:


Manchmal sind ungeplante Pausen genau richtig, damit sich auch die Gedanken und nicht nur die Füße sammeln können


"Ciao Sepp" ist ein super lustiges Schweizer Kartenspiel. 

Geschenke von Doris
Geschenke von Doris

Tag 62: Schon beim 1.Blick aus dem Fenster war mir eigentlich danach wieder unter die Bettdecke zu krabbeln und mich vor dem nebligen, stürmischen Graupel-Regen-Wetter zu verstecken. Es kostete mich schon sehr viel Überwindung doch aufzustehen.

Beim Frühstück traf ich einen Pilger aus Belgien, der den Schweizer Jakobsweg in seinen 2 Wochen Urlaub machen und deswegen heute fast 50km zurücklegen wollte und zeitig raus musste.

Beim Frühstück plauderte ich noch eine Weile mit der Besitzerin der Wohngemeinschaft. Sie meinte, sie möchte mir das Abendessen von gestern gerne schenken, weil ich mich so fürsorglich um die Bewohner gekümmert hätte. Das war total nett! Und sie hat extra nochmal für mich den Wetterbericht gecheckt, der gegen Mittag eine Besserung versprach. Ich bekam das Angebot noch zu bleiben. Ich kämpfte wieder mit mir selbst und der Stimme, die mich weiterdrängen wollte, entschied mich aber zu bleiben. Bis Mittag verbrachte ich die Zeit damit, Birnenkompott zu machen, Karten zu spielen und eine Bewohnerin zu behandeln. Es war ein sehr schöner Vormittag und wirklich - es riss auf und der Regen hörte auf.

Und aus dem nasskalten Graupelsturm entwickelte sich der schönste Herbsttag! Doch um meine geplante Etappe trotzdem zu erreichen, musste ich mich beeilen.

Ich fühlte mich wie als Kind beim Schlitten fahren - Hügel rauf, Hügel runter, Hügel rauf wieder runter ... aber so anstrengend diese Landschaft auch ist, genauso schön ist sie auch! Die grünen Hügel vor schneebedeckten Bergen und Bäumen, die sich schon zu verfärben beginnen, die goldene Sonne am späten Nachmittag - wunderschön!

Es wurde dämmrig, als ich versuchte meine reservierte Unterkunft zu finden. Ich benutzte dazu 2 Minuten lang meine mobilen Daten, was ein großer Fehler war, denn gleich darauf bekam ich eine Benachrichtigung meines Mobilfunkanbieters - Bäääm ... 60€.

Also werden ein paar Offline-Tage folgen.

Die Nacht verbrachte ich wieder im Stroh und freute mich einfach nur mehr aufs Schlafen. 


ERKENNTNISSE des Tages:


Zu dem, der warten kann, kommt alles mit der Zeit.


Benutze niemals dein Roaming in der Schweiz. 

... und plötzlich war der schönste Herbsttag
... und plötzlich war der schönste Herbsttag