Tag 70 +71

Mein Schuh ist gebrochen und mir war augenblicklich nach weinen zumute. 

So.. nach dem ersten Schock bin ich jetzt bereit, euch zu erzählen, was Tag 70 sonst noch so für mich bereitgehalten hatte.

Hätte das nicht einen Tag früher passieren können, wo ich nur, im wahrsten Sinne des Wortes, "herumgelungert" bin? Nein, es musste natürlich am Tag danach, nämlich sonntags noch dazu, passieren. Aber es half nichts, also ging ich mit kaputtem Schuh und mies gelaunt weiter.

Nach Lungern führte mich der Weg aufwärts Richtung Brünigpass. Direkt am Pass begann es stark zu regnen. Und dann zu graupeln. Durch den Wald und dann der Straße entlang kam ich nach Brienzwiler. Völlig durchnässt, demotiviert und mit den Gedanken im nächsten Zug heim ging ich durch die kleine Ortschaft. Gerade als ich an einer Pilgerherberge vorbeikam, waren zwei Damen an der Tür und meinten:"Das gibt's doch nicht, dass jemand so verrückt ist und bei dem Wetter pilgert!" und boten mir eine Unterkunft an. Eigentlich wollte ich noch weitergehen, denn ich war doch erst 10km gegangen. Ich zögerte. Sie konnten mich schließlich mit dem Angebot einer heißen Schokolade und der Möglichkeit mich einfach mal aufzuwärmen locken. Mit ihrer offenen und herzlichen Art hatten mich Rita und Gabi gleich gefangen. Ich bekam eine super leckere Kichererbsen-Ingwer-Kartoffel-Suppe, lernte noch Doro kennen und verbrachte einen wunderbaren Nachmittag (mit frisch gebackenen Waffeln) und Abend mit Wein, Gelächter und Camino-Geschichten.


ERKENNTNIS des Tages:


So abgedroschen das jetzt klingen mag: Wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. (DANKE Gabi und Rita, dass ihr mir geleuchtet habt) 

Schnee 2.0
Schnee 2.0

Tag 71: Gabi hatte für mich einen Schuster organisiert und fuhr mit mir um 8 Uhr morgens dort hin. Es dauerte ganze 5 Minuten und kostete 5 CHF und mein Schuh war wieder heil. Ach so schön!

Da für heute Abend ein super leckeres Abendessen geplant war, luden sie mich ein, eine weitere Nacht zu bleiben und boten mir an mich von dort, wo ich heute aufhören möchte abzuholen und morgen wieder hinzubringen, damit ich trotzdem gehen kann. Wahnsinn - was für ein Angebot! Außerdem hatte ich die beiden so schnell ins Herz geschlossen, dass ich mehr als froh war, noch mehr Zeit mit ihnen verbringen zu dürfen. Alles, was ich nicht auf einer Tageswanderung brauchte, flog aus dem Rucksack raus und deponierte ich in der Zwischenzeit in der Herberge und reiste mit leichtem Gepäck und gemeinsam mit Rita und Gabi weiter. Wir quatschten vor uns hin bis wir in Brienz angekommen waren. Dort gab es einen Mittagssnack, bevor ich alleine weiterging.

Unterwegs traf ich dann auf eine Frau mit der Berner Sennenhündin "Chica". Sie verlängerte extra ihren Spaziergang, um mich noch ein Stückchen zu begleiten. Beim Streicheln von Chica bekam ich fast ein bisschen Heimweh. In Interlaken stieg ich in den Zug zurück nach Brienz, wo mich Gabi dann abholte und zu einem grandiosen Abendessen brachte. Der restliche Abend war wieder mit Wein und Camino-Gänsehaut-Geschichten gefüllt.


ERKENNTNISSE des Tages:


"Fremd-bernern" macht Heimweh.


Buen Promillo! 

Berner Sennenhündin Chica
Berner Sennenhündin Chica